Seit die iPhone-Kamera mehr Pixel hat als Berlin Einwohner, bleibt meine Digiknipse immer öfter in der Schublade. Und weil ein unbearbeitetes, nicht gesharetes Bild so 2005 ist, braucht man mindestens Instagram besser aber noch ein paar weitere Foto-Apps. Zum Beispiel EyeEm. Entwickelt von ein einem kleinen Team – hier in der neuen Startup-Hauptstadt Berlin. EyeEm-Gründer Florian Meissner erklärt, was er macht.
?: Zuerst die Frage, die ich jedem Startup stelle: Wie erklärst Du Deinen Eltern, was EyeEm genau ist?
Florian Meissner: Am besten erkläre ich das meiner Mom, indem ich ihr die App direkt vorführe: Ich mache ein Foto, wähle einen Filter aus und dann kommt meistens schon der Aha-Effekt: „Woher weiß die App denn, dass wir gerade am Hackeschen Markt in Berlin sind und Kaffee trinken?“ Dann lade ich das Foto hoch und frage Sie, was für Fotos Sie sehen will. Die App schlägt uns direkt vor, welche Orte, Themen oder Events wir um uns herum entdecken können. Sie möchte gerne noch mehr Leute beim Kaffee trinken sehen. Also wähle ich den Tag „Coffee“ und wir sehen uns an, was für Fotos andere Menschen auf der Welt beim Kaffee trinken machen. Oder wir sehen uns an, was für Fotos in den letzten Tagen am Hackeschen Markt gemacht wurden. Oder in Berlin in der letzten Stunde und so weiter.
?: Wodurch unterscheidet sich EyeEm von anderen Foto-Apps wie z. B. Instagram?
Bei EyeEm geht es nicht nur um das Schießen und Teilen von Fotos, sondern auch um das aktive Entdecken anhand der Fotos, die wir machen. EyeEm merkt sich, was für Fotos man schießt und liefert aufgrund dessen Vorschläge von Orten, Events, Themen und anderen Fotografen, und ermöglicht so ein spielerisches Entdecken.
?: Wer macht EyeEm?
EyeEm wurde von Flo Meissner, Lorenz Aschoff, Gen Sadakane und Ramzi Rizk gegründet. Wir haben unser Büro in Berlin und sind mittlerweile insgesamt acht Leute, die an der Weiterentwicklung arbeiten.
?: Wie viele Bilder werden pro Tag durchschnittlich hochgeladen?
Mittlerweile sind es schon einige Tausend und es werden täglich mehr.
?: Bleiben die Urheberrechte bei den Fotografen oder wie handhabt Ihr das?
Das ist uns ganz wichtig. Die Urheberrechte bleiben zu 100 % bei den Fotografen.
?: Worin liegt der Reiz von Mobile Photography? Spiegelreflexkameras machen doch immer noch viel bessere Bilder.
Der Reiz liegt einerseits in der Verbindung von Fotografie und Kommunikation und andererseits in der freien Zugänglichkeit von ‚Mobile Photography‘ als Medium. Natürlich habe ich mit einer Spiegelreflexkamera mehr technische Möglichkeiten, als mit der Autofokus-Linse eines Handys. Aber was passiert danach? Ich muss die Fotos auf meinen Computer laden, sie bearbeiten, selektieren, hochladen. Mit einem Smartphone passiert all das in ein paar Sekunden. Gleichermaßen brauche ich kein Vorwissen, um mit meinem Handy ein Foto zu machen; ich habe es immer dabei und ein Knopfdruck genügt, um ein cooles Foto zu produzieren. Dadurch entsteht ein ganz neuer Zugang zur Fotografie, der live und unmittelbar ist und jedermann offen steht.
Persönlich bin ich der Meinung, dass die Frage nach dem Medium nicht mehr wirklich interessant ist. Es gibt kein Entweder-Oder. Ob ich ein Foto mit einer 100 Jahre alten Kamera, einer hochmodernen Spiegelreflexkamera oder meinem iPhone mache, ist ganz egal. Was zählt, ist das Foto und das, was ich damit mache. Und da werden die Möglichkeiten, die ich mit einem Smartphone habe, interessant. Ich kann das, was ich sehe, innerhalb von Sekunden teilen und habe eine Welt voller Fotos in meiner Hosentasche. So etwas gab es bisher nicht. Deswegen ist es sehr interessant, in diesem Gebiet zu arbeiten und die Zukunft der Fotografie mitzugestalten.