CTM.10 – Zweiter Eindruck

Planet 9“ im WMF

Kaum wiedererkannt habe ich das WMF. Am Eröffnungsabend vor gut einem Jahr empfing einen noch eine seelenlose Großraumdisse, die mich so wenig überzeugt hat, dass ich den Club trotz interessanter Bookings seitdem konsequent gemieden habe. Doch mit Raumteilern, Licht und strategisch geschickt verteilten Sitzmöglichkeiten haben die Betreiber die schwierige Location bespielbar gemacht. Nice.

Zufall oder Absicht: Während des DJ-Sets von Hot Chips Felix Martin & Alex Doyle waren die Visuals die meiste Zeit in Orange gehalten. Da fühlt man sich gleich wohl, wenn der ganze Floor in solch einen warmen Farbton getaucht ist. Mit einem clever aufgebauten Set haben die beiden das Publikum schnell gecasht. Zuerst langsames Geklöppel, dann die Rave-Keule rausgeholt und gegen Ende noch den eigenen neuen Hit „One Life Stand“ reingemischt. Guter Job.

Danach kam der Headliner Planningtorock. Janine Rostrons beliebtes Solo-Projekt. Als sie auf die Bühne kam, dachte ich kurz, „och nee, bitte keine Maske, selbst Sido hat erkannt, dass das nach fünf Minuten nervt“. Da wusste ich aber noch nicht, dass die Maske gleichzeitig auch Projektionsfläche für Visuals ist und dass das ziemlich cool aussieht. Überhaupt das Visuelle: Das spielt bei PTR nicht nur eine kleine Nebenrolle. Ohne die Sequenzen und Filmchen würde die Musik wahrscheinlich schnell langweilen. Durch die Kombination beider Elemente entsteht ein faszinierendes Kunstwerk. So in etwa: Hot Chip (weil die gerade aufgelegt haben und noch die Synapsen besetzt halten) meet Dresden Dolls und Alison Moyet auf einer Industriebrache, auf der ein Horror-Movie gedreht wird. Und dabei springen sie immer wieder zwischen 2010 und den 80er-Jahren hin und her.

Wenn man sich das Video jetzt ohne die Live-Performance anschaut, tritt der Vaudeville-Einfluss viel stärker in den Vordergrund. Im Club hat das jedoch für mich prima funktioniert. Die Fish-Eye-Aufnahmen transportierten zwischendurch sogar ein Gefühl der Klaustrophobie in den riesigen Raum.

Eigentlich wollte ich mir noch Glass Candy auf dem Floor im ersten Stock anschauen. Als ich nach oben gekommen bin, stand aber noch Johnny Jewels Nebenprojekt Desire auf der Bühne. Das Bemerkenswerteste an diesem 80er-Elektro-Pop-Disco-Trio war, dass die geometrischen Muster auf dem Kleid der Sängerin perfekt auf die Visuals abgestimmt waren. Da wurde ich plötzlich unglaublich müde.

Was ist bloß mit Hot Chip los?

Das muss ich kurz los werden: Die einst durch nette Schrulligkeiten auffallenden Konsens-Nerds haben mit ihrem Album „One Life Stand“ den langen Weg durch die Institution „Pop für den Mainstream-Hörer“ angetreten – und sind mit „I Feel Better“ gleich mal bei Autotune angekommen. Das ist so Noughties… Später folgen sogar noch echte Balladen. Wollen die jetzt auf einmal eine richtige Band sein? Leider die falsche Abzweigung, meine Herren.

Honigsüßer Gesang zu leicht widerspenstiger Musik, das war bisher das Markenzeichen von Hot Chip. Wenn da jetzt keine Bassdrum mehr kickt, keine Sound-Experimente statt finden, sondern nur noch leidenschaftslos ein bisschen rumgewippt und konsequent weichgespült wird, dann fehlt leider die Spannung. Da kann ich mir ja gleich The Whitest Boy Alive anhören. Na ja, ganz so schlimm ist es nicht: „We Have Love“ oder „One Life Stand“ können schon noch was. Aber ein guter Freund ist mir das Album bislang  nicht geworden.

Hot Chip hören

Wozu denn eigentlich noch Rezensionen schreiben? Auf steereo läuft schon jetzt – eine Woche vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin – das Album „One Life Stand“ in voller Länge (für registrierte User, sonst nur 30-sekündige Snippets). Hier spielt die Musik. Also: Anhören und sich eine eigene Meinung bilden, please.

Itchy Fingers (IV)

Wie funktioniert eigentlich… ein Tenori-On? Robert Lippok von To Rococo Rot erklärt, wie das Yamaha-Gadget programmiert werden kann:

Und natürlich muss ich in diesem Zusammenhang Little Boots erwähnen. War sie es doch, die das Teil erstmals aus der Nerd-Ecke geholt und vor den Augen einer größeren Öffentlichkeit eingesetzt hat. Die junge Dame stellt mit dem blinkenden Maschinchen schon allerhand an. Ein Hot-Chip-Cover mit DIY-Charme:

Und bei Jools Holland wirkt ihr Gequietsche ziemlich professionell:

10 Greatest Bands Ever

Ohne Superlative kommt der NME nicht aus. Schon gar nicht, wenn es um das Erstellen von Listen geht, dem Lieblingssport der Engländer seit es auf dem Rasen nicht mehr so richtig rund läuft. Auf ihrer Website listete die britische Boulevardzeitung Musikzeitschrift Noel Gallaghers Top 10 auf. Und was ein echter Lad ist, der redet gleich Klartext: „This means the Top 10 bands of all time. No solo artists allowed. No female artists allowed. No collectives allowed (Public Enemy etc.).“ Dabei konnte ja nichts Besseres rauskommen als:

1: The Beatles
2: The Rolling Stones
3: The Who
4: Sex Pistols
5: The Kinks
6: The La’s
7: Pink Floyd
8: The Bee Gees
9: The Specials
10: (Peter Green’s) Fleetwood Mac

Nicht ganz so Rock-Kanon-konform sind dagegen die von mehreren Hundert Usern geposteten Listen auf nme.com. Über Noels diskriminierendes Regelwerk setzt man sich zum Glück munter hinweg. Unter anderem tauchen dort auf: Spacemen 3, Bananarama, Broken Social Scene, Daft Punk, aber auch sehr viel Oasis-Coldplay-Stone-Roses-Smiths-Joy-Division-Radiohead-Wir-sind-Briten-und-hören-nur-Musik-von-der-Insel-Kram.

Da stellt sich natürlich die Frage: Wer sind denn meine 10 Greatest Bands Ever?

Nun, das mit der Ewigkeit ist ja so ne Sache… Lieber berufe ich mich auf Wittgenstein und stelle schnell meine augenblickliche, lediglich für einen kaum messbar kurzen Zeitraum gültige Top 10 zusammen. Jetzt, just in diesem Moment bin ich echt Fan von:

1. MGMT

2. Bloc Party

3. Hot Chip

4. Rex The Dog

5. Emilíana Torrini

6. Sonic Youth

7. Lykke Li

8. To My Boy

9. Late Of The Pier

10. The Kills