Next Überschätztes Thing

Dieser Tage darf in keinem Artikel über ein wichtiges Ereignis der Hinweis darauf fehlen, dass via Twitter schneller/pietätloser/informativer/unsinniger/you name it berichtet wurde. Man könnte also meinen, dass diese verknappten Nachrichtchen mittlerweile von etlichen bis unzähligen Deutschen genutzt werden. Von jedem zehnten bis hundertsten vielleicht. Oder wenigstens jedem tausendsten. Nein, laut einer aktuellen Studie gehören gerade einmal etwa 22 500 „Autoren“ zum Kreis der aktiven deutschsprachigen Twitter-User. Klar, die Zahl wird recht schnell größer werden, aber man sollte bei aller Begeisterung über das neue Tool auch die Grenzen von Twitter sehen. Zwei völlig unterschiedliche Beiträge, die diese Woche erschienen sind, bringen die Stärken und Schwächen prima auf den Punkt. Gewohnt pointiert Zeit-Kolumnist Harald Martenstein:

„Wenn ich wollte, könnte ich ununterbrochen mithilfe moderner Maschinen kommunizieren und Menschen, die ich kaum kenne, inhaltsarme Minitexte senden. Ich brauche aber hin und wieder Zeit zum Nachdenken, ich lese auch ganz gerne mal einen längeren Text. Dazu muss ich mich konzentrieren, ich kann nicht gleichzeitig simsen.“

Und der Herr Prof. Christoph Neuberger bemerkt im Interview mit dem Tagesspiegel sehr treffend:

„Im Rennen, unbedingt Erster bei der Nutzung eines neuen Formats sein zu wollen, lassen sich viele Journalisten leider mitreißen, ohne zu reflektieren, ob es ein geeignetes Format für ihre Arbeit ist. Twitter wird hinsichtlich seiner publizistischen Bedeutung grandios überschätzt, denn die Reichweite ist im Vergleich zu der von Zeitungen gering, mehr als Häppchenjournalismus ist nicht möglich.“

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